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Variotherme Temperierung für hohe Oberflächenqualität
Einige der aktuellen Ansprüche an Spritzgießteile, etwa in Bezug auf Material- und Oberflächenqualität, können mit der herkömmlichen Werkzeug-Temperierung nicht mehr hinreichend erfüllt werden. Deshalb setzt ein Hersteller von Spritzgießteilen auf die variotherme Temperierung.
Variotherme Temperierung verbessert Qualität
Einige der aktuellen Ansprüche an Spritzgießteile etwa in Bezug auf Material und Oberflächenqualität können mit der herkömmlichen Werkzeug-Temperierung nicht mehr hinreichend erfüllt werden. Deshalb setzt ein Hersteller von Spritzgießteilen auf die variotherme Temperierung, bei der die Temperatur beim Einspritzen hoch, in der Kühlphase dagegen niedrig gehalten wird. Die variotherme Temperierung verändert die Temperaturen an der Formnestoberfläche somit aktiv innerhalb des Spritzzyklus. So lässt sich die Qualität beispielsweise von Teilen mit Piano-Black-Oberflächen verbessern.
Wenn ein weltweit agierender Spritzteil-Hersteller seine Kernkompetenzen entgegen dem Diversifizierungstrend in einer Branche bündelt, dann muss er dort über ein entsprechend breites und fundiertes Know-how verfügen. Das ist bei Key Plastics Löhne, einem Unternehmen der Key Plastics mit Hauptsitz in Livonia, Michigan (USA), der Fall. Key Plastics fertigt Kunststoffteile für das Interieur, die Karosserie und den Motorraum von Fahrzeugen. Immer wieder setzt das Unternehmen innovative Verfahren ein, um seinen Kunden höchste Qualität in Serie liefern zu können. Dabei greifen auch große Namen aus dem Automotivesektor auf die Erfahrung des Unternehmens zurück. So entstehen unter anderem Schaltkulissenabdeckungen für Automatikgetriebe von Bentley in Löhne. Dafür setzt Key Plastics die variotherme Temperierung ein, um beste Oberflächengüten zu erreichen. Gesteuert wird dieser Ablauf über zwei Temperiergeräte von HB-Therm sowie deren Vario-5 Umschalteinheit – mit großem Erfolg in der Serienfertigung.
Probleme gab es mit einer alternativen Konfiguration in der laufenden Produktion vor allem im Bereich Standfestigkeit. Deshalb fragte Key Plastics Löhne bei HB-Therm nach, ob die Schweizer die ernüchternden Ergebnisse dieser Anlage mit ihrem eigenen Equipment besser in den Griff bekommen könnten. Die Versuche, welche die Schweizer Spezialisten ab 2014 mit der variothermen Temperierung bei Key Plastics gefahren haben, liefen überaus positiv, weshalb der Spritzgießteil-Hersteller sich für HB-Therm als Exklusivpartner im Bereich der variothermen Temperierung entschlossen hat. „Gerade im Interieursektor mit der generellen Oberflächen-Problematik bei Sichtteilen“, hält Serdal Dogan, Anwendungstechniker bei Key Plastics in Löhne, fest, „ist die variotherme Temperierung vorteilhaft. Ihr Einsatz verhindert etwa die Bildung von Bindenähten oder Einfallstellen bei extremen Wandstärkeverhältnissen zuverlässig und lässt die Fertigung zum Beispiel von Komponenten mit höchster Oberflächenqualität für den Innenraum in Großserie zu.“ Ein Stichwort ist hier die Herstellung von Bauteilen mit hochglänzender Piano Black-Oberfläche. Solche Sichtteile sind nicht nachträglich polierbar, müssen aber neben einer einwandfreien Optik auch entsprechend kratzfest im täglichen Gebrauch sein. Der Einsatz von PC und ABS macht diese Artikel aber von den Ausgangsmaterialien her bereits entsprechend teuer. Hinzu kommen die hohen Anforderungen in den Bereichen Fliessgeschwindigkeit und Dünnwandigkeit. „Die Verkürzung der Zykluszeiten ist dabei im Grunde nur eine Nebenbedingung“, sagt Serdal Dogan. „Allerdings konnte HB-Therm mit seiner Anlage auch hier Pluspunkte aufgrund der geringen Systemträgheit im Bereich des Energietransports sammeln.“ Da das zyklische Heizen und Kühlen im Takt der Spritzgiessmaschine erfolgt, wird die höchste Temperatur während der Einspritzphase, die niedrigste zur Entformung erreicht. Die Signale zum Umschalten müssen also um den Betrag der Systemverzögerung früher erfolgen. Nachdem das variotherme Temperiersystem seine Vorteile auch im Dauerbetrieb zeigen konnte wurde die Technik gleich für mehrere Werkzeuge gemeinsam abgestimmt und konfiguriert.
Variotherm temperieren: wozu?
Einige der heutigen Herausforderungen im Sektor Qualität und Material können mit der herkömmlichen Temperierung nicht mehr hochwertig genug erfüllt werden. Die variotherme Temperierung bietet dafür die Lösung: Die Temperatur wird beim Einspritzen hoch gehalten, in der Kühlphase dagegen niedrig. Diese Variante der Temperierung verändert die Temperaturen an der Formnestoberfläche also aktiv innerhalb des Spritzzyklus. So lässt sich die Teilequalität nachhaltig verbessern: Die Bildung von Bindenähten wird verhindert, auch feinste Strukturen lassen sich konturtreu abformen. Einfallstellen werden reduziert und kurze Aufheiz- sowie Abkühlzeiten sorgen für energieeffizientes Arbeiten. Dabei bleiben die beiden Standard-Temperiergeräte modular, also auch für normale Anwendungen einsetzbar. Die gesamte Prozessführung ist durch überwachte Umschaltvorgänge hochgenau, die Prozessüberwachung erfolgt vollautomatisch. Die gesamten Daten können über USB aufgezeichnet und mit Excel ausgewertet werden.
Variotherm temperieren: die Technik
Das variotherme Temperiersystem von HB-Therm arbeitet nach dem Fluid-Fluid-Verfahren und besteht aus zwei auf die jeweils benötigten Temperaturen fest eingestellten Thermo-5 Temperiergeräten sowie der Umschalteinheit Vario-5. Diese verbindet abwechselnd nach einem einstellbaren Intervall (Umschaltzeitpunkt) das „heiße“ und das „kalte“ Temperiergerät mit dem gleichen Temperierkreis. Unterstützung erhalten die Nutzer bei der Ermittlung der optimalen Einstellungen durch Assistenten für Solltemperaturen, Verzögerungs- und Schaltzeiten. Im Fall der Bentley-Schaltkulissenabdeckung von Key Plastics sind neben den beiden Temperiergeräten und der Umschalteinheit auch ein externes Bedienmodul zur komfortablen Anlagensteuerung sowie aufgrund der suboptimalen Wasserqualität bei höheren Wassertemperaturen von bis zu 180 °C ein Wasseraufbereitungsgerät Treat-5 im Einsatz. Diese Konfiguration bietet den optimalen Leistungshintergrund für die Teileproduktion. „Wir arbeiten im „heißen“ Bereich mit Temperaturen von ca. 175 °C, im „kalten“ Bereich mit rund 60 °C.“, erläutert Serdal Dogan. „Wir müssen aufgrund der engen Zykluszeit von rund 60 s schnell die Temperaturen wechseln und exakte Umschaltpunkte definieren können. Das alles macht die HB-Therm-Technik einfach und sicher möglich.“ Beheizt wird das Werkzeug mit Beginn der Dosierung, danach muss entsprechend schnell gekühlt werden. Noch im Werkzeug wird das passende Qualitätsniveau durch eine Prüfung der Oberflächentemperatur ermittelt. Dies geschieht über Sensoren unter der Teilekontur auf der Sichtfläche, was eine hochgenaue Messung zulässt. Diese Messung trägt zur Erhöhung der Prozesssicherheit bei, denn die Umschaltung zwischen „heiss“ und „kalt“ oder der Start für das Einspritzen lassen sich so auch temperaturabhängig festlegen. Erst nach der Prüfung und Teileentnahme fährt das Werkzeug für den neuen Zyklus zu.
Variotherm temperieren: perfekte Resultate
Die in einem Einfach-Werkzeug aus PC weiß entstehende Schaltkulissenabdeckung mit einem Schussgewicht von etwa 28 g sieht zunächst eher unspektakulär aus. Die aus dem variothermen Temperierprozess resultierende glatte Oberfläche ist allerdings notwendig, um nachgeordnet das Lackieren und Lasern der von innen beleuchteten Symbole zu ermöglichen. Dabei ist etwa die Lichtbrechung von entscheidender Bedeutung, wie Serdal Dogan festhält. „Die drei von den Anspritzpunkten her möglichen Bindenähte können wir durch den variothermen Temperierprozess wirksam eliminieren, unterstützt durch den Einsatz der Gashinterdrucktechnik, die wir immer dann verwenden, wenn minimale Wandstärken mit einem dickwandigen Rahmen zusammentreffen. Wir leiten an fünf Stellen Stickstoff zwischen Masse und Kontur ein, um eine optimale Ausformung der Teile sicherzustellen. Im Übrigen stellen wir die gesamte Schaltabdeckung als Komponente bei uns im Haus fertig. Nach Spritzgießen, Lackieren und Lasern montieren wir auch die inneren Chromrahmen sowie ein weiteres Unterteil mit Elektroeinheiten zur fertigen Schaltkulisse. Davon stellen wir 3.000 Einheiten pro Jahr her.“
In allen Bereichen zuverlässig
Serdal Dogan schätzt die Flexibilität von HB-Therm als Kooperationspartner genauso hoch ein wie die Produkte des Schweizer Unternehmens: „Die variotherme Anlage aus St. Gallen ist so flexibel und universell einsetzbar, dass wir unsere Maschinen nicht ständig mit diesem System bestückt lassen müssen, sondern sowohl die Anlage als auch die Maschinen zur Produktion verschiedener Teile nutzen können. Neben den sieben variothermen Temperieranlagen haben wir auch weitere 23 Temperiergeräte Thermo-5 des Schweizer Unternehmens aus seiner deutschen Niederlassung in Siegburg im Einsatz. Die modernen Temperiergeräte sprechen in ihrer Ausstattung mit serienmässiger Temperaturüberwachung und Durchflussmessung, dem geschlossenen Temperierkreislauf aus korrosionsbeständigen Materialien ohne Sauerstoffkontakt sowie ihrer druckschlagfreien Bypass-Kühlung für sich. Darüber hinaus ist auch die Verbindung zwischen Maschine und Temperiergerät sehr eng, was bedeutet, dass die Datenspeicherung beider Komponenten in einem Datensatz uneingeschränkt möglich ist.“ Bei Key Plastics in Löhne entstehen mit 255 Mitarbeitenden auf rund 18.000 m2 spezielle Kunststoffteile, die zumeist im Interieur verschiedener Fahrzeuge zum Einsatz kommen, unter anderem Frischluftdüsen, Komponenten für Armaturenbretter und ähnliches. Verarbeitet werden laut Serdal Dogan neben PC auch ABS, PA, PBT und POM. Zertifiziert ist Key Plastics nach ISO TS 16949, DIN ISO 14001 sowie Ford Q1. Am deutschen Standort geht die Kooperation mit dem Schweizer Temperier-Spezialisten auf das Jahr 2012 zurück. „Von Anfang an haben wir uns bei HB-Therm auch aufgrund des hervorragenden Service von Pre-Sales bis After-Sales sehr gut aufgehoben gefühlt“, sagt Serdal Dogan. „Uns wurde etwa mit exakten Simulationen und Berechnungen ebenso geholfen wie durch eine schnelle, umfassende Unterstützung sowohl durch das nahe HB-Therm Verkaufsbüro in Salzkotten als auch im internationalen Bereich, etwa durch einen Vor-Ort-Service bei unserem Werkzeugbauer in Portugal.“