Tide Ocean sammelt Kunststoffabfälle aus dem Meer und produziert daraus Granulat für die weitere Verwendung. Mit einem Material-Passport, der auf der Blockchain-Technologie aufbaut, hat das Unternehmen den Swiss Plastics Expo Award 2023 in der Kategorie Business gewonnen.
Von Thomas Meier, publiziert in KunststoffXtra, Ausgabe 3-4, 2023
„Wir arbeiten mit Sozialpartnern vor Ort zusammen, wo wir den Plastikmüll sammeln. Das sind z.B. Fischer, die entlang der Küste bis zu 10 km ins Landesinnere Kunststoff aufsammeln und so garantieren, dass der Abfall nicht im Meer landet.“ So erklärt Annick Helbing, Supply Chain Managerin bei #tide, das Konzept der Firma.
Noch vor Ort wird das Material grob sortiert. Tide Ocean unterscheidet zwischen PP, PET, HDPE und LDPE. Dann wird es gewaschen, gemahlen und teilweise direkt vor Ort verarbeitet in Recycling-Granulat. Helbing: „Durch beimischen verschiedener Additive lassen sich nahezu alle Farben erreichen. Aus diesem Material können wieder viele verschiedene Produkte produziert werden.“
Preisgekrönt als Start-up
Dafür hat Tide Ocean bereits vor drei Jahren als Start-up den SPE-Award in der Kategorie Nachhaltigkeit gewonnen. Dem Unternehmen geht es nicht nur um umweltbezogene Nachhaltigkeit sondern vor allem auch um soziale, betont Helbing. „Unseren Partnern, die vor Ort Kunststoff sammeln, können wir faire Arbeitsbedingungen zu fairen Konditionen bieten. Aber auch wirtschaftliche Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Pfeiler, weil sich die ganze Idee auch rechnen muss.“
In diesem Jahr nun gewann #tide den Preis in der Kategorie Business. Wie Helbing betont, geht es nicht nur um die Wiederverwertung und den Verkauf von R-Granulat. „Wir wollen entlang der gesamten Wertschöpfungskette dabei sein und unsere Partner, wie auch unsere Kunden unterstützen.“
Lückenlose Dokumentation
Dazu hat Tide Ocean ein Tracing-System eingeführt, das auf der Blockchain-Technologie basiert. Dabei geht es um die Rückverfolgbarkeit entlang der Produktionskette. Jeder Schritt von der Sammlung bis zum fertigen Granulat wird dokumentiert. Und es ist transparent einsehbar wer, wie, wann, wo gesammelt, gewaschen, sortiert, und granuliert hat.
„Die Blockchain ist eine digitale Dokumentation, an der alle Teilnehmer der Lieferkette beteiligt sind und ihre Informationen hinterlegen“, sagt Helbing. Beispielsweise gibt der Fischer ein, wieviele Kg PET er gesammelt hat. Alle weiteren Prozessschritte werden dem vorangehenden angehängt. So entsteht eine lückenlose und sichere Abbildung entlang der gesamten Kette. Am Ende steht der sogenannte Material-Passport. Der wird dem Kunden mittels QR-Code ausgehändigt und darüber lässt sich die gesamte Herstellung nachvollziehen.
Hohe Nachfrage
Der Kunde kann sich ebenfalls bei der Blockchain anmelden und seine Daten über die Weiterverarbeitung des Materials erfassen. Der Endkunde oder Konsument kann dann anhand des QR-Codes nachvollziehen, aus welchen Materialquellen sein Produkt besteht, wo welche Materialien gesammelt und wie sie weiterverarbeitet wurden.
Helbing: „Die Möglichkeit zur Nachverfolgung unserer Produkte wird stark nachgefragt. Das ist wichtig, weil Greenwashing ein grosses Problem ist. Viele Unternehmen geben sich einen grünen Anstrich, oftmals steckt aber nicht viel dahinter. Deshalb ist es wichtig, dass wir sicher belegen können woher unsere Produkte stammen.“
Tide Ocean ist zuversichtlich, weiter zu wachsen. Derzeit ist das Unternehmen vor allem in Asien stark vertreten, ein Ableger in Zentralamerika (Mexiko) befindet sich gerade im Aufbau. Es will aber auch in anderen Regionen vor Ort das aufgebaute Knowhow einbringen und Kunststoffabfälle sammeln.
www.tide.earth